Großes Interesse an Waldbefahrung

Hochsommerliche Temperaturen von über 30 Grad waren am vergangenen Samstag für rund 70 Einwohnerinnen und Einwohner offenkundig kein Grund, um auf die diesjährige Waldbefahrung mit dem Gemeinderat, Revierförster Friedhelm Booms und Lothar Himmel vom Forstamt im Landratsamt Karlsruhe zu verzichten. Die vorbereitete Agenda war umfangreich und so waren die Radfahrer mehr als drei Stunden in den Wäldern auf unserer Gemarkung unterwegs.

Der Startschuss erfolgte in diesem Jahr auf der Insel Rott, wo vor allem die Behandlung der Pappeln im Deichvorland ein Thema waren. Auch die Entwicklung des Auenmischwaldes am Baggersee Insel Rott wurde von Friedhelm Booms angesprochen. Vorgestellt wurde eine Hiebsmaßnahme aus dem Frühjahr, die im kommenden Winter fortgesetzt werden soll. Ein anderes Thema war die Anpflanzung eines Eichen- Mischwaldes entlang des Leinpfades als ökologische Ausgleichsmaßnahme für den Leinpfadausbau und die Entnahme von sich ausbreitenden Neophyten, hier dem Eschenahorn. Am Baggerseeufer auf der Insel Rott stellte Förster Booms die Entwicklung des vor 2 Jahren angepflanzten Mischwaldes vor. Mit der Verlegung des Anglerufers von der Insel Rott an die Westseite wurden hier erst Pappeln gefällt und anschließend 15 Baumarten und verschiedene  Sträucher gepflanzt, die gut angewachsenen waren. Der angelegte Grasweg wird von Anglern und Spaziergängern genutzt und hat sich gut in die Landschaft eingefügt. Lediglich bei den Eichen gab es Probleme aufgrund schlechter Qualität der Pflanzen im letzten bzw. dieses Jahr zu großer Pflanzen, die in den trockenen Sommer schlecht anwachsen.

An einer weiteren Station, der Jagdhütte, ging es um die aktuelle Verbisssituation im Gemeindewald. Hier gehe es darum, ein vernünftiges Mittel zu finden, um Verbiss entgegenzuwirken, betonten die beiden Forstexperten Booms und Himmel, die auch unterstrichen, dass man hierzu auf die Jäger als verlässliche und kooperative Partner angewiesen sei. "Die Interessen der einzelnen Waldnutzer sind naturgemäß verschieden", erklärte Himmel. "Hier gilt es weiterhin, überlegt vorzugehen, wenn es um weitreichende Entscheidungen geht." Himmel und Booms gingen auf Möglichkeiten ein, Wild durch Umzäunungen von jungen Bäumen abzuhalten. "Wir haben in einem Jagdbogen einen entsprechenden Versuch gestartet", erklärte Booms hierzu. "Leider haben wir festgestellt, dass Wildschweine diese Zäune mehr oder weniger mühelos überwinden bzw. zerstören, sodass im Nachgang Rehe ungehindert auf die Flächen gelangen können."       

Immer wieder wurde das Thema Naturverjüngung angesprochen: Damit ist die Reproduktion eines Baumes bzw. Bestandes gemeint. Früher wurde die Verjüngung durch gezielte Maßnahmen der Forstwirtschaft eingeleitet. Heute soll die Naturverjüngung automatisch (d.h. ohne besondere fördernde Maßnahmen) anlaufen und gedeihen. Dies wird bei den meisten Baumarten im Rahmen der sogenannten Zielstärkennutzung erreicht. Darunter versteht man die Nutzung von Bäumen, die einen bestimmten Zieldurchmesser erreicht haben. Befinden sich diese Bäume im hiebsreifen Stadium, so haben sie bei sachgemäßer Pflege eine entsprechend große Krone. Werden nun im Rahmen der Zielstärkennutzung diese Bäume geschlagen, so entstehen je nach Baumart  verschieden große Lücken. Diese Lücken reichen in der Regel aus, um der anlaufenden Naturverjüngung ausreichend Licht zur Verfügung zu stellen.

"Bei der Waldverjüngung geht es um nichts Geringeres als um die Zukunft unseres Waldes", betonte Lothar Himmel. "Wir brauchen jetzt Nachwuchsbäume, weil unsere aktuellen Bäume zu rasch verschwinden. Und uns muss klar sein, dass Naturverjüngung die wesentlich preiswertere  Alternative zu Pflanzungen ist."

Das Thema Klimawandel wurde bereits während der Radtour angesprochen und war auch Thema bei der anschließenden Gesprächsrunde im Ratsaal des Rathauses. Friedhelm Booms und Lothar Himmel erklärten ausführlich, worin mehr denn je die große Herausforderung für den Forst bestehe: "Wir haben leider keine Glaskugel, die uns prophezeit, welche Baumarten künftig funktionieren werden", erklärte Himmel. "Daher arbeiten wir ein Stück weit nach dem "Prinzip Versuch-Irrtum". Die vergangenen fünf Sommer haben sich als weitaus trockener und wärmer herausgestellt als erwartet. Was 2017 noch als wärmetolerante Baumart galt, scheidet mit dem Wissen von heute unter Umständen schon wieder aus."

Friedhelm Booms ergänzte, dass zum Beispiel die Douglasie, die lange als vielversprechende Art galt, sich in unserer Region als nicht zukunftsfähiger Baum erwiesen habe.  "Bei der Buche haben wir die Situation, dass sie momentan noch funktioniert. Glauben wir aber den Berechnungen für die nächsten Jahre und Jahrzehnte, dann wird sie langfristig keine Chance haben." Roteiche und Stieleiche hingegen seien recht wärmetolerant und würden daher eine wichtige Rolle bei den Planungen des Forstes spielen. Lothar Himmel erklärte ergänzend, dass man derzeit den Weg gehe, immer wieder neue Arten auf Kleinflächen im Wald einzustreuen, um zu sehen, welche sich bewähren. "Und wir hoffen natürlich auf die Forschung, die damit beschäftigt ist, herauszufinden, wie wie den Wald der Zukunft erfolgreich gestalten können."

Bei der Gesprächsrunde im Rathaus verwies Bürgermeister Michael Möslang auf die anstehende Fortschreibung des Waldleitbildes und ermunterte die anwesenden Einwohnerinnen und Einwohner, Ideen und Anregungen für die Entwicklung unseres Gemeindewaldes vorzubringen. Er erklärte hierzu, dass das Waldleitbild auch Grundlage für die Hiebsplanung sei. "Wir sind offen, für Ideen, wo wir künftig Schwerpunkte setzen sollen", so Möslang. "Und wir stehen für Fragen hierzu jederzeit zur Verfügung." Ein Teilnehmer erkundigte sich bei Friedhelm Booms, ob in diesem Sommer Anpflanzungen bewässert worden seien, was vom Förster verneint wurde: "Bis jetzt schaffen wir es noch ohne, aber sollte es soweit kommen, dass wir bewässern müssen, dann müssen wir uns auf immense Kosten einstellen." Eine Teilnehmerin fragte, ob man künftig das System des Rheins nicht zur Bewässerung nutzen und durchlässiger gestalten könnte. Michael Möslang erwiderte, dass dies zwar technisch möglich sei, aber viele bürokratische Hürden mit sich bringe. "Dennoch ist es eine Idee, die wir im Hinterkopf behalten - eventuell müssen wir uns trotz der Hindernisse damit auseinandersetzen."

Ein weiteres Thema in der Gesprächsrunde war die mögliche Stilllegung von Waldbereichen im Dammvorland, die entsprechend aus der Bewirtschaftung herausfallen würden.  "Persönlich finde ich diese Option gut, unser Förster hingegen ist kein Freund dieses Gedankens", erklärte Möslang. "Es gilt, diese Idee gründlich mit dem Gemeinderat und dem Forst zu diskutieren und das Für und Wider abzuwägen. Insofern können wir aktuell auch noch nicht sagen, wie viel Fläche von der Stilllegung betroffen wäre."

Nach weiteren Fragen zum Brennholzpreis, der Abholzung im nahegelegenen Staatswald und der Häufigkeit von Holzöfen in der Gemeinde bedankte sich Bürgermeister Michael Möslang bei den beiden Forstexperten und den zahlreichen Teilnehmern der Waldbefahrung: "Es ist sehr erfreulich, dass unserem Wald soviel Interesse entgegengebracht wird."